1 %-Regel fällt? So überzeugst du das Finanzamt

Firmenwagen im Betriebsvermögen? Das Finanzamt unterstellt schnell private Nutzung und versteuert sie mit der 1 %-Regel. Erfahre, wie du den Anscheinsbeweis erschüttern kannst.
Veröffentlicht von Patricia Lederer 25.04.2025 um 08:00 Uhr

Hintergrund: Firmenfahrzeuge und private Nutzung – das sagt die Rechtsprechung

Sobald ein Fahrzeug im Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens oder Freiberuflers steht und theoretisch für private Fahrten zur Verfügung steht, unterstellt das Finanzamt automatisch eine private Mitnutzung. Diese wird nach der bekannten 1 %-Regelung versteuert: 1 % des Bruttolistenpreises wird jeden Monat als geldwerter Vorteil dem Einkommen zugeschlagen.

Diese Vermutung stützt sich auf den sogenannten Anscheinsbeweis: Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden betriebliche Fahrzeuge auch privat genutzt, wenn sie außerhalb der Arbeitszeit zur Verfügung stehen. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei einem reinen Werkstattwagen oder einem Fahrzeug, das ausschließlich von einem Mitarbeiter genutzt wird, lässt sich diese Vermutung widerlegen.

Doch wann genau ist es möglich, den Anscheinsbeweis zu erschüttern? Genau diese Frage hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 22.10.2024 (Az. VIII R 12/21) näher beleuchtet.

Der Fall vor dem BFH: Lamborghini als Betriebsfahrzeug

Ein Prüfsachverständiger hatte sich einen Lamborghini Aventador geleast, für stolze 5.473,03 € Leasingrate pro Monat und einem Grundpreis von 279.831,93 € netto. Neben diesem Fahrzeug besaß er noch weitere Fahrzeuge, sowohl im Betriebs- als auch im Privatvermögen. Der Lamborghini war mit einer Werbefolie versehen („Prüfsachverständiger …“) und sollte als Teil seiner Außendarstellung dienen. Das Finanzamt akzeptierte den vollständigen Betriebsausgabenabzug jedoch nicht und unterstellte eine private Nutzung des Fahrzeugs, da es außerhalb der Arbeitszeiten theoretisch zur Verfügung stand.

Der Prüfsachverständige argumentierte, der Lamborghini sei nur für geschäftliche Zwecke genutzt worden, vor allem als repräsentatives Marketinginstrument. Dennoch lehnte das Finanzamt den Vorsteuerabzug sowie die vollständige Anerkennung der Betriebsausgaben ab, mit Verweis auf den Anscheinsbeweis.

Die BFH-Entscheidung: Wann der Anscheinsbeweis fällt

Der BFH stellte klar: Es ist nicht nötig, den absoluten Beweis zu führen, dass das Fahrzeug nie privat genutzt wurde. Aber: Der Steuerpflichtige muss konkrete Umstände darlegen und belegen, die ernsthafte Zweifel an der typischen privaten Mitnutzung aufkommen lassen. Das nennt man das Erschüttern des Anscheinsbeweises.

Allein der Hinweis, es stünden im Privatvermögen andere Fahrzeuge zur Verfügung, reicht in der Regel nicht aus. Anders sieht es aus, wenn vergleichbare Fahrzeuge (in Status und Gebrauchswert ähnlich) privat genutzt werden. Je geringer die Unterschiede zwischen den Privat- und Betriebsfahrzeugen, desto eher kann der Anscheinsbeweis fallen.

Im Fall des Lamborghinis prüfte der BFH, ob das Fahrzeug tatsächlich objektiv dem Geschäftserfolg diente. Das Finanzgericht hatte zuvor bezweifelt, dass ein Lamborghini für einen Prüfsachverständigen einen nachvollziehbaren Geschäftszweck erfüllt. Der BFH wies jedoch darauf hin, dass auch repräsentative Zwecke berücksichtigt werden müssen – vor allem, wenn der Steuerpflichtige das Fahrzeug gezielt für bestimmte Kundengruppen einsetzt. Der Steuerpflichtige muss das aber belegen können.

Zudem betonte der BFH: Auch die Angemessenheit der Fahrzeugaufwendungen spielt eine Rolle. Dazu gehören Faktoren wie die Größe des Unternehmens, der Umsatz, der Gewinn und die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg.

Was heißt das für die Praxis?

Der Anscheinsbeweis gilt grundsätzlich: Fahrzeuge im Betriebsvermögen werden privat genutzt – es sei denn, du kannst Umstände darlegen, die das widerlegen.

Vergleichbare Fahrzeuge im Privatvermögen können helfen, den Anscheinsbeweis zu erschüttern. Ein einfacher Zweitwagen reicht jedoch nicht, wenn Status oder Gebrauchswert stark abweichen.

Besonders bei hochpreisigen Luxusfahrzeugen (wie einem Lamborghini) prüft das Finanzamt streng, ob eine geschäftliche Nutzung nachvollziehbar ist. Repräsentation kann ein Argument sein, aber es muss dokumentiert und begründet werden.

Handlungsempfehlung:

  • Nutzung dokumentieren: Wer ein auffälliges Fahrzeug rein geschäftlich nutzt, sollte dies durch Fahrtenbücher, Kundenbesuche oder Marketingmaßnahmen belegen.
  • Repräsentation begründen: Erkläre, warum ein bestimmtes Fahrzeug den Betriebserfolg fördert – etwa durch gezielte Kundengewinnung oder Imagepflege.
  • Prüfe die Angemessenheit der Aufwendungen: Stimmen Kosten und Nutzen für das Fahrzeug im Verhältnis zum Gesamtbetrieb?

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Patricia Lederer
Autorin und Geschäftsführerin PepperPapers

Patricia Lederer ist Fachanwältin für Steuerrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht. Lederer ist spezialisiert auf nationales und internationales Steuerrecht und Steuerstrafrecht. Sie arbeitet in den Bereichen Betriebsprüfung, Steuerfahndung und vertritt Mandanten in Gerichtsprozessen vor den Finanzgerichten bundesweit, beim Bundesfinanzhof, Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.