BFH stärkt Firmen bei Umsatzsteuer-Panne

Hintergrund:
Im Umsatzsteuerrecht gilt grundsätzlich das sogenannte Soll-Prinzip: Die Umsatzsteuer entsteht mit der Ausführung der Leistung, unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung durch den Kunden. Nur wer die Ist-Versteuerung beim Finanzamt beantragt hat, darf die Steuer nach dem tatsächlichen Zahlungseingang berechnen.
Der Fall:
Eine GmbH erbrachte Reparaturleistungen an Fahrzeugen eines bestimmten Herstellers. Die Leistungen wurden im Jahr 2012 erbracht, aber erst im Jahr 2013 vom Hersteller bezahlt und entgegen der gesetzlichen Regelung auch erst 2013 versteuert. Die GmbH hätte als Sollversteuerer die Umsätze bereits 2012 versteuern müssen.
Im Rahmen einer Außenprüfung (für die Jahre 2013 bis 2015) wurde die Umsatzsteuer für 2013 korrigiert. Das Finanzamt erfasste dabei sowohl die tatsächlich in 2013 erbrachten Leistungen als auch die verspätet versteuerten Leistungen aus dem Jahr 2012. Eine Korrektur im Jahr 2012 war zu diesem Zeitpunkt verfahrensrechtlich nicht mehr möglich.
Die Steuerpflichtige forderte eine Korrektur der Umsatzsteuer für das Jahr 2013 und verwies dabei auf Fehler in der Bemessungsgrundlage. Konkret wollte sie erreichen, dass ein bereits zum Jahresende 2012 offener Vergütungsbetrag von rund 32.518 Euro rückwirkend berücksichtigt wird, da die zugehörige Leistung ebenfalls 2012 erbracht wurde und somit auch in diesem Jahr hätte versteuert werden müssen. Das Finanzamt lehnte die Korrektur allerdings ab, mit der Begründung, dass eine Änderung für das Jahr 2012 aufgrund abgelaufener Verjährungsfrist nicht mehr zulässig sei.
Die Entscheidung des BFH (Urteil vom 29.08.2024, Az. V R 19/22):
Der Bundesfinanzhof gab der Steuerpflichtigen Recht:
Eine Korrektur ist auch dann möglich, wenn das eigentliche Leistungsjahr verfahrensrechtlich bereits abgeschlossen ist. Die bloße Tatsache, dass eine Korrektur des Ursprungsjahres nicht mehr zulässig ist, steht einer steuerlichen Berichtigung im Jahr der fehlerhaften Versteuerung nicht entgegen.
Fazit für die Praxis:
Bei der Umsatzbesteuerung ist auf eine korrekte zeitliche Zuordnung der Leistungserbringung zu achten, insbesondere bei periodisch wiederkehrenden Leistungen oder Abrechnungen über den Jahreswechsel. Wird irrtümlich nach dem Zahlungszeitpunkt besteuert, obwohl das Soll-Prinzip gilt, kann dies zu einer doppelten steuerlichen Belastung führen. Das aktuelle BFH-Urteil ermöglicht betroffenen Unternehmen eine nachträgliche Korrektur zugunsten des Steuerpflichtigen.
Handlungsempfehlung:
-
Unternehmen, die nach dem Soll-Prinzip versteuern, sollten bei Leistungsabrechnungen rund um den Jahreswechsel besonders sorgfältig vorgehen.
-
Eine regelmäßige Überprüfung der Buchungs- und Abrechnungsprozesse kann helfen, Fehler bei der Umsatzsteuer-Zuordnung zu vermeiden.
-
Sollte eine fehlerhafte Besteuerung festgestellt werden, lohnt sich die Prüfung auf Korrekturmöglichkeiten, auch wenn das Ursprungsjahr bereits verjährt ist.