Finanzamt in allen Konten: Das Urteil!

Das Urteil Musterprozess zum Finanzkonten-Informationsaustausch ist da. Welche Konsequenzen hat das für Steuerpflichtige mit Konten im Ausland?
Veröffentlicht von Patricia Lederer 04.04.2024 um 18:30 Uhr

Das am 28.03.2024 veröffentlichte Urteil des Bundesfinanzhofs zum automatischen Finanzkonten-Informationsaustausch hat es in sich. Der Bundesfinanzhof hat das Vorgehen des automatischen Austauschs von Finanzkonteninformationen zwischen Staaten und die damit verbundene Übermittlung von Kontosalden und Depotinformationen als verfassungskonform bestätigt (Aktenzeichen IX R 36/21). Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen für Steuerpflichtige, die Konten im Ausland besitzen, und bringt eine Reihe von Herausforderungen und Nachteilen mit sich.

Der Fall

Ein Ehepaar aus der Schweiz klagt vor Gericht, dass das Finanzamt nicht berechtigt ist, Einsicht in ihre Auslandskonten zu nehmen. Sie haben ihre ausländischen Einkünfte bereits vollständig angegeben. Sie wehren sich dagegen, dass das Finanzamt mehr Informationen erhält, als für die Berechnung der Steuer erforderlich sind.

Das Urteil des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof entscheidet, dass das Finanzamt trotz des Eingriffs in die Grundrechte über einen automatischen Finanzkonten-Informationsaustausch berechtigt ist, Informationen über Auslandskonten zu erhalten. Dieses Urteil bedeutet, dass der Steueranspruch des Staates über den Grundrechten steht. Somit sei das Finanzamt befugt, diese Informationen zu verwenden, um vorgeblich Steuerehrlichkeit sicherzustellen und Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

Welche Nachteile entstehen dadurch?

Verlust der Privatsphäre

Einer der offensichtlichsten Nachteile des Urteils ist der tiefgreifende Eingriff in die Privatsphäre. Steuerpflichtige müssen nun damit rechnen, dass Informationen über ihre Finanzkonten automatisch zwischen Staaten ausgetauscht und von Finanzbehörden eingesehen werden können. Dies betrifft nicht nur Kontosalden, sondern potenziell auch Daten zu Transaktionen und Depotinhalten. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, also die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen, wird hierdurch erheblich beschnitten.

Erhöhtes Risiko für Steuerpflichtige

Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit für Steuerpflichtige, ihre steuerlichen Pflichten genau zu kennen und zu erfüllen, insbesondere bei Konten und Vermögen im Ausland. Die automatische Datenübermittlung erhöht das Risiko, dass Fehler oder Unstimmigkeiten in der Steuererklärung schneller entdeckt und strenger geahndet werden. Für viele Bürger bedeutet dies einen zusätzlichen Druck, sämtliche ausländischen Vermögenswerte korrekt zu deklarieren und sich kontinuierlich über Änderungen in der Steuergesetzgebung informiert zu halten.

Potenzielle Sicherheitsrisiken

Obwohl der Bundesfinanzhof in seiner Entscheidung darauf hinweist, dass die übermittelten Daten dem Steuergeheimnis unterliegen und durch das Gesetz geschützt sind, bestehen Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit. Die Kläger hatten auf die Gefahr von Hackerangriffen und den damit verbundenen unbefugten Zugriff auf sensible Daten hingewiesen. Diese Sorgen sind nicht unbegründet, da die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung der Finanzsysteme auch neue Angriffsflächen für Cyberkriminalität schaffen.

Die Rolle des Bundeszentralamts für Steuern

Das Bundeszentralamt für Steuern spielt eine entscheidende Rolle beim Austausch von Informationen aus dem Ausland über Bankkonten. Diese Behörde ist verantwortlich für den Datenaustausch über Auslandskonten mit den deutschen Finanzämtern. Durch diesen Austausch können die Finanzbehörden überprüfen, ob die Steuerpflichtigen ihre ausländischen Einkünfte korrekt angeben und versteuern.

Die Konsequenzen für die Steuerpflichtigen

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs hat weitreichende Konsequenzen für Steuerpflichtige mit Auslandskonten. Du solltest dir bewusst sein, dass das Finanzamt nun berechtigt ist, Informationen über deine Auslandskonten zu erhalten. Diese Regelung betrifft nicht nur die Einkommensteuer, sondern auch die Erbschaftsteuer und die Schenkungsteuer.

Der Ausblick

Obwohl der Bundesfinanzhof seine Entscheidung getroffen hat, ist der Fall noch nicht abgeschlossen. Die Kläger haben die Möglichkeit, eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Dieses Gericht wird überprüfen, ob die Grundrechte tatsächlich hinter dem Steueranspruch des Staates zurücktreten müssen. Es bleibt abzuwarten, wie das höchste deutsche Gericht diese Frage beurteilen wird.

Fazit:

Das Urteil bestätigt die Rechtmäßigkeit des automatischen Finanzkonten-Informationsaustauschs und stellt klar, dass der Kampf gegen Steuerhinterziehung ein legitimes Ziel darstellt, das solche Eingriffe rechtfertigt. Für Steuerpflichtige bedeutet dies jedoch eine Reihe von Herausforderungen: ein Verlust an Privatsphäre, erhöhtes Risiko bei der Steuererklärung und Bedenken hinsichtlich der Sicherheit ihrer finanziellen Daten. Diese Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung von Transparenz und korrekter Steuererklärung, wirft aber auch Fragen nach dem angemessenen Gleichgewicht zwischen staatlichen Interessen und den Rechten des Einzelnen auf. Die weitere Entwicklung dieses Falls bleibt spannend, und wir halten dich darüber auf dem Laufenden.

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Foto Patricia Lederer
Patricia Lederer
Autorin und Geschäftsführerin PepperPapers

Patricia Lederer ist Fachanwältin für Steuerrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht. Lederer ist spezialisiert auf Steuerrecht und Steuerstrafrecht. Sie arbeitet in den Bereichen Betriebsprüfung, Steuerfahndung und vertritt Mandanten in Gerichtsprozessen vor den Finanzgerichten bundesweit, beim Bundesfinanzhof, Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.