Grundsteuer Hammer Urteil vom Finanzgericht!

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat zwei neue Beschlüsse zur Grundsteuer erlassen, die die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer weiter in Frage stellen.
Veröffentlicht von Patricia Lederer 01.12.2023 um 17:48 Uhr

Die Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz, das am 23. November 2023 in zwei Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Aktenzeichen 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23) zur Verfassungsmäßigkeit des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden hat, ist von großer Bedeutung. In diesen beiden Fällen hat das Gericht die Vollziehung der angegriffenen Grundsteuerwertbescheide ausgesetzt. Aber was bedeutet das genau?

Fall 1: Überhöhter Mietwert und Bodenrichtwert

Im ersten Fall ging es um ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 72 Quadratmetern, das im Jahr 1880 erbaut wurde und seit Jahrzehnten nicht renoviert wurde. Die Eigentümerin argumentierte, dass der gesetzlich festgelegte Mietwert pro Quadratmeter aufgrund des schlechten Zustands des Hauses überhöht sei. Der Bodenrichtwert für das Grundstück betrug 125 Euro pro Quadratmeter. Das Finanzamt ignorierte diese Argumente und setzte den Grundsteuerwert auf 91.600 Euro fest.

Fall 2: Bodenrichtwert ohne Abschlag

Im zweiten Fall handelte es sich um ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 178 Quadratmetern, das 1977 bezugsfertig wurde. Der Bodenrichtwert für das Grundstück betrug 300 Euro pro Quadratmeter. Die Eigentümer argumentierten, dass aufgrund von besonderen Umständen, wie der Bebauung in zweiter Reihe, der schwierigen Grundstückserschließung und einer Hanglage, ein Abschlag von 30% auf den Bodenrichtwert angemessen sei. Das Finanzamt berücksichtigte diesen Abschlag jedoch nicht und setzte den Grundsteuerwert auf 318.800 Euro fest.

Das Gericht zieht die Verfassungsmäßigkeit in Zweifel

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz setzte in beiden Fällen die Vollziehung der Grundsteuerwertbescheide aus, weil es ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Bescheide und der zugrundeliegenden Bewertungsregeln gab. Diese Entscheidung ist von großer Bedeutung, da sie die Steuerzahler darin bestärkt, gegen die Bewertung nach dem neuen Grundsteuermodell vorzugehen.

Die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit betreffen verschiedene Aspekte. Zum einen bezweifelt das Gericht, dass die Bodenrichtwerte korrekt ermittelt wurden. Weiter gibt es Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Gutachterausschüsse, die für die Festlegung dieser Werte verantwortlich sind. Es wird befürchtet, dass Einflussnahmemöglichkeiten nicht ausreichend ausgeschlossen sind. Zudem könnten Datenlücken bei den Gutachtern zu erheblichen Verzerrungen bei der Ermittlung der Bodenrichtwerte führen.

Fehlende Individualität und Wertverzerrungen

Ein weiteres Problem ist die mangelnde Individualität bei der Bewertung der Grundstücke nach dem neuen Modell. Typisierte Werte werden verwendet, ohne die individuellen Umstände ausreichend zu berücksichtigen. Dies würde zu Verzerrungen bei der Wertermittlung führen, bei der einige Immobilien drastisch überbewertet werden und andere drastisch unterbewertet sind. Das Gericht sieht hierin eine Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes.

Fazit

Die Entscheidungen des Finanzgerichts betreffen zwar zunächst nur diese beiden Einzelfälle, haben jedoch weitreichende Konsequenzen. Die Aussetzung der Vollziehung der Grundsteuerwertbescheide bedeutet, dass auch zukünftige Bescheide von Gesetzes wegen ausgesetzt werden. Dies ist jedoch keine endgültige Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsregeln.

Das Gericht hat die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zugelassen, da die Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung sind.

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Foto Patricia Lederer
Patricia Lederer
Autorin und Geschäftsführerin PepperPapers

Patricia Lederer ist Fachanwältin für Steuerrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht. Lederer ist spezialisiert auf nationales und internationales Steuerrecht und Steuerstrafrecht. Sie arbeitet in den Bereichen Betriebsprüfung, Steuerfahndung und vertritt Mandanten in Gerichtsprozessen vor den Finanzgerichten bundesweit, beim Bundesfinanzhof, Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.