Grundsteuer vor dem Aus? Die neuen Angriffspunkte!

Die Grundsteuer musste reformiert werden. Das steht außer Frage. Die Umsetzung ist nicht ausreichend durchdacht worden. Die neuen Angriffspunkte hier im Blog!
Veröffentlicht von Patricia Lederer 13.11.2023 um 18:30 Uhr

Dass die Grundsteuer mit ihrem veralteten Modell über kurz oder lang reformiert werden musste, ist ganz klar. Schwierig wird es aber, wenn keine einheitliche Bewertung stattfindet und auf Landesebene eigene Brötchen gebacken werden. So existieren in Deutschland für die neue Grundsteuer ab 2025 mittlerweile fünf verschiedene Grundsteuermodelle.
Die Bundesländer Sachsen und das Saarland nutzen im Grunde auch das Bundesmodell, jedoch etwas abgewandelt.

1. Die Grundsteuermodelle im Überblick

Einen kurzen Überblick dazu findest du hier:

  • Bundesmodell: Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen
  • Flächenmodell: Bayern
  • Wohnlagemodell: Hamburg
  • Flächen-Faktor-Modell: Hessen
  • Flächen-Lage-Modell: Niedersachsen
  • Bodenwertmodell: Baden-Württemberg
  • abgewandeltes Bundesmodell: Sachsen, Saarland

2. Die Kritik

Bisher stand hauptsächlich das Bundesmodell der Grundsteuer in der Kritik. Ein Beispiel dafür war das Gutachten von Herrn Prof. Dr. Gregor Kirchhof. Das Rechtsgutachten des Jura-Professors der Universität Augsburg bildete dabei die Grundlage für die Musterklagen der Verbände Bund der Steuerzahler sowie Haus & Grund.

Die Kritik von Fachanwälten und Steuerberatern gegen die einzelnen Grundsteuermodelle wird immer lauter! Nachfolgend findest du die für uns bei TaxPro wichtigsten Kritikpunkte, mit denen alle Grundsteuermodelle angreifbar sind.

3. Ist die Grundsteuer nun verfassungswidrig?

Grundsätzlich kann man noch nicht von der Verfassungswidrigkeit sprechen, da darüber noch nicht entschieden wurde.

Folgende Punkte sind jedoch sehr bedenklich und sie betreffen alle Modelle gleichermaßen:

3.1. Unüberbrückbare zeitliche Differenz ohne Einspruch

Die Grundsteuererklärung musste bereits im Jahr 2022 abgegeben werden. Die Bescheide des Finanzamts wurden und werden im Anschluss erstellt. Die regulären Hebesätze der Kommunen für die neue Grundsteuer ab 2025 werden jedoch erst 2024 festgelegt. Dadurch ergibt sich eine zeitliche Differenz, die ohne Einspruch gegen den Finanzamtsbescheid nicht überbrückbar ist. Denn würde man keinen Einspruch einlegen, wäre der Finanzamtsbescheid rechtskräftig, bevor man überhaupt erahnen kann, was wirklich auf einen zukommt. Damit verstößt die Grundsteuerreform bereits gegen den staatsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz im Grundgesetz.

Zusätzlich ergingen die Grundsteuerbescheide der Finanzämter ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Das bedeutet, dass eine erneute Überprüfung des Steuerbescheides nicht vorgesehen ist.

3.2. Steuer muss kalkulierbar sein

Die finanzielle Belastung ist erst nachvollziehbar, sobald die Bescheide der Kommune ergangen sind. Dieser Aspekt steht auch im Zusammenhang mit Punkt 1. Auch hierbei greift das Grundgesetz ein und es gibt dazu Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Denn eine Steuer, die vom Staat erhoben wird, muss für den Steuerpflichtigen, also dich, in gewissem Maße vorauszuberechnen sein. Das ist bei der neuen Grundsteuer jedoch gar nicht möglich, denn wie bereits weiter oben erwähnt, erfolgt die Festsetzung der Hebesätze erst 2024 für 2025. Auch wenn eine Kommune jetzt schon die Hebesätze angehoben hat, ist es nicht auszuschließen, dass es eine weitere Änderung geben kann.

3.3. Hebesätze unsozial

Die Hebesätze der Kommunen haben den Charakter einer Kopfsteuer. Jeder Einwohner einer Gemeinde zahlt den gleichen Hebesatz. Dabei werden keine sozialen Unterschiede gemacht. Du fragst dich sicher, was dieser Punkt mit der Verfassungswidrigkeit zu tun hat? Dazu muss ich jetzt ein wenig ausholen.

Der Gesetzgeber hat für die Hebesätze kein Limit festgelegt, und die Kommunen sind frei in ihrer Entscheidung über die Höhe des Hebesatzes. Für die Kommunen ist die Grundsteuer die Haupteinnahmequelle, um die Infrastruktur zu finanzieren, wie z.B. Kindergärten, Schulen und Straßen. Die Inflation geht auch an den Kommunen nicht vorbei. Deshalb erhöhen viele Kommunen jetzt schon den Hebesatz erheblich. Für den einen oder anderen ist die aktuelle Anhebung bereits sehr belastend, denn die Kosten steigen in allen Lebensbereichen kontinuierlich. Und jetzt kommen wir zum Knackpunkt. Es gibt ein sogenanntes Erdrosselungsverbot. Auch dieses basiert auf unserem Grundgesetz. Denn eine Steuer darf nicht ursächlich dafür sein, dass man das Recht auf Eigentum verliert. Wann die Steuer erdrosselnd ist, wurde vom Gesetzgeber offen gelassen. Dieser Aspekt ist daher individuell, würde aber gar nicht existieren, wenn es eine Steuerobergrenze gäbe.

Du siehst also: Die derzeitige Grundsteuerreform stößt an vielen Punkten gegen unser Grundgesetz und steht deshalb auf dem Prüfstand.

4. Einspruch

Deshalb raten wir in sämtlichen Blogbeiträgen und Videos auf unserem YouTube-Kanal immer dazu, unbedingt Einspruch einzulegen. Hast du dies bei deinem Grundsteuerbescheid des Finanzamts bereits getan, kannst du dich bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurücklehnen. Falls du jetzt erst durch unseren Blog auf die Wichtigkeit des Einspruchs aufmerksam geworden bist und diesen noch nicht gegen deinen Grundsteuerbescheid des Finanzamts eingelegt hast, findest du den Einspruch hier: Mustereinspruch 2023

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Patricia Lederer
Autorin und Geschäftsführerin TaxPro GmbH

Patricia Lederer ist Geschäftsführerin der TaxPro Rechtsanwalts GmbH. Sie ist Fachanwältin für Steuerrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht. Patricia Lederer ist spezialisiert auf Steuerrecht und Steuerstrafrecht. Sie arbeitet in den Bereichen Betriebsprüfung, Steuerfahndung und vertritt Mandanten in Gerichtsprozessen vor den Finanzgerichten bundesweit und beim Bundesfinanzhof.