Neues Verbot für’s Finanzamt bei der Betriebsprüfung
Das Bundesfinanzministerium veröffentlicht klare Ansage: Betriebsprüfer dürfen nicht ohne weiteres schätzen. Vor allem nicht in Krisenzeiten
Das Bundesfinanzministerium hat die neuen Richtlinien für das Finanzamt veröffentlicht: Die Richtsatzsammlung 2021. Darin stehen die Regeln für die Betriebsprüfung und für die Schätzung. Das kommt jedes Jahr, doch dieses Mal ist etwas anders, das gab es so noch nie. Das Bundesfinanzministerium weist die Finanzämter an:
Das Finanzamt muss mit der Schätzung sensibel umgehen.
Das gilt insbesondere für die sogenannten Richtsatz Schätzungen. Diese orientieren sich an der sogenannten Richtsatzsammlung, die das Bundesfinanzministerium einmal pro Jahr veröffentlicht. Darin steht die Spanne an Richtsätzen, die das Finanzamt bei den bargeldintensiven Betrieben hinzuschätzen kann. Beispielsweise dann wenn der Prüfer Fehler in der Buchhaltung findet oder Fehler im Kassenbuch.
Dazu weist das Bundesfinanzministerium in einem Begleitschreiben zur aktuellen Richtsatzsammlung, das es in dieser Form noch nicht gab, auf folgendes hin:
In Krisenzeiten wie Corona, Ukraine Krieg, Energiekrise muss das Finanzamt die Schätzungen mit Augenmaß angehen.
Daher verbietet sich eine pauschale Hinzuschätzung. Vielmehr muss das Finanzamt stets die betriebsindividuellen Besonderheiten berücksichtigen. Dies gilt sowohl vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der klar entschieden hat:
Jede Hinzuschätzung muss in sich schlüssig, wirtschaftlich vernünftig und vom geprüften Betrieb überhaupt zu erwirtschaften sein.
Dies gilt aber auch gerade vor dem Hintergrund der Umsatzeinbrüche, die Firmen infolge von Corona Krise, Ukraine Krieg und Energiekrise zu schultern haben. Eben diesen entscheidenden Gesichtspunkt stellt das Bundesfinanzministerium nunmehr klar.
Die Richtsätze sind somit nicht mehr aber auch nicht weniger als ein Anhaltspunkt für das Finanzamt, bei der Betriebsprüfung eine Schätzung von Umsatz und Gewinn vorzunehmen. Diese Schätzung sollte sich in Krisenzeiten allenfalls am unteren Rand der Richtsätze orientieren, soweit dies überhaupt von dem geprüften Betrieb zu erwirtschaften ist.
Der weit verbreiteten Praxis der Finanzämter soll damit Einhalt geboten sein. Denn Betriebsprüfer neigen dazu am oberen Rand der Richtsätze zu schätzen. Im Rahmen von Vergleichsverhandlungen – dem sogenannten Deal bei der Betriebsprüfung – lässt sich dieses Maximum dann weiter nach unten korrigieren. Jedoch ist der Ansatz am obersten Rand der Schätzung in Krisenzeiten oftmals unzutreffend.
Die dahingehende Klarstellung aus dem Bundesfinanzministerium stellt daher die Weichen für die Betriebsprüfungen in den nächsten Jahren.
Aktuell gilt daher: Einspruch einlegen gegen alle Aktionen bei der Betriebsprüfung. Von Beginn an gegen die Prüfungsanordnung. Bis zu den Fragen vom Prüfer. Und natürlich gegen den Steuerbescheid nach der Betriebsprüfung.
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