Widerrufshammer vom Europäischen Gerichtshof

Der Europäische Gerichtshof schwingt den Widerrufshammer - Verbraucherschutz vor Unternehmerinteressen - Unternehmer in der Pflicht.
Veröffentlicht von Patricia Lederer 25.05.2023 um 17:13 Uhr

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat jetzt ein Urteil erlassen, das es wirklich in sich hat.

Unternehmer müssen ihre Kunden – sofern sie Verbraucher sind – auf jeden Fall über ihr Widerrufsrecht belehren. Dies gilt bei Verträgen, die nicht in Geschäftsräumen oder mit Telekommunikationsmitteln (Brief, Katalog, Telefon, E-Mail, SMS) abgeschlossen werden.

Diese Regelung gab es bereits im deutschen Recht. Der Europäische Gerichtshof setzt noch einen drauf.

Der Unternehmer muss den Verbraucher über dessen Recht zum Widerruf belehren.

Unterlässt der Unternehmer die Belehrung, dann kann der Kunde innerhalb der verlängerten Widerrufsfrist nicht nur den Vertrag widerrufen, sondern auch die Zahlung verweigern. Hat der Kunde bereits gezahlt, dann kann er die Zahlung in voller Höhe zurückverlangen.

Die verlängerte Widerrufsfrist beträgt dann ein Jahr und 14 Tage. Das ist jetzt die europäische Rechtsprechung. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Unternehmer seine Leistung bereits erbracht hat! Kunden können somit in den Genuss kostenloser Leistungen kommen.

Dies war bisher strittig. Die deutsche Rechtsprechung ging dabei von einer sog. ungerechtfertigten Bereicherung des Kunden aus, d.h. der Erhalt einer Leistung ohne Gegenleistung. Das Landgericht Essen, das einen solchen Fall verhandelte, legte daher diese rechtliche Frage dem Europäischen Gerichtshof vor.

Rückforderungen drohen

Der Europäische Gerichtshof macht dazu klar: Das hohe Verbraucherschutzniveau, welches das Ziel der Richtlinien der Europäischen Union ist, lässt sich nicht umgehen. Es darf auch nicht durch besondere nationale Regelungen umgangen werden.

Der Verbraucherschutz hat Vorrang vor den Interessen der Unternehmer. Der Gerichtshof sieht die Unternehmer in der stärkeren Position und daher in der Pflicht, Verbraucher über ihre Rechte aufzuklären.

Die Idee dahinter ist insbesondere, Verbraucher vor aggressivem Haustür- und Telefonmarketing zu schützen.

Nur, trifft der Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofs auf viele weitere Unternehmer wie z.B. Handwerker zu, die in der Regel ihren Kunden keine Widerrufsbelehrung und das vorgesehene Muster-Widerrufsformular zusenden.

Genau da droht der Widerrufs- und Rückforderungshammer. Und die Rückforderung kann schnell hohe Beträge erreichen.

Für Verbraucher gilt: Mach von deinem Recht Gebrauch. Wenn du nicht über dein Widerrufsrecht informiert worden bist, dann kannst du den Vertrag weiterhin widerrufen und dein Geld zurückfordern.

Für Unternehmer gilt: Sichere dich von Anfang an ab. Sende deinen Kunden die Widerrufsbelehrung und lass dir den Erhalt per Unterschrift bestätigen. Soll die Leistung sofort beginnen, lass den Kunden auf sein Widerrufsrecht verzichten.

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Foto Patricia Lederer
Patricia Lederer
Autorin und Geschäftsführerin TaxPro GmbH

Patricia Lederer ist Geschäftsführerin der TaxPro Rechtsanwalts GmbH. Sie ist Fachanwältin für Steuerrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht. Patricia Lederer ist spezialisiert auf Steuerrecht und Steuerstrafrecht. Sie arbeitet in den Bereichen Betriebsprüfung, Steuerfahndung und vertritt Mandanten in Gerichtsprozessen vor den Finanzgerichten bundesweit und beim Bundesfinanzhof.